Werbeexperten sehen Digitalfokus im Handel kritisch

Die Debatte um Handzettel erhitzt aktuell die Gemüter der Werbebranche, denn u. a. der Supermarktriese Rewe hat jüngst angekündigt, 2023 auf die Verteilung der gedruckten Prospekte zu verzichten und stattdessen eigene digitale Kanäle stärker nutzen zu wollen. Ob diese Vorgehensweise sinnvoll ist, erläutert Katrin Floß, Managing Partner bei BRANDLOCAL, im Rahmen einer Umfrage der Lebensmittel Zeitung:

Seit vielen Jahren wandert Werbegeld von klassischen Medien in digitale Kanäle. Nicht immer führt das zum gewünschten Ergebnis. Wird es den Handzettel-Verweigerern im Handel künftig auch so gehen? Der letzte und abschließende Teil der LZ-Serie zur Zukunft des Handzettels.

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Print gilt als sogenanntes „Lean-Back-Medium“, dem man ungleich höhere Aufmerksamkeit zuwendet als einem schnell durchgescrollten Inhalt im Netz. Das gilt umso mehr für die Nutzung auf dem Smartphone-Bildschirm. Das bestätigt auch Katrin Floß, geschäftsführende Gesellschafterin bei Brandlocal, einer Tochterfirma der inhabergeführten Mediaagentur Crossmedia: „Die Rezeption in einer Lean-Back-Haltung bietet immer noch eine deutlich höhere Kontaktqualität als die Aufnahme von Handelswerbung per Funk oder Digitalwerbung“, so die Managerin.

Printwerbung biete gegenüber reinen Online-Formaten noch weitere Vorteile so Floß. Nicht nur, dass der Handzettel in der Regel zum Kunden kommt, während Digitalangebote die aktive Nutzung etwa einer App voraussetzten. Außerdem lassen sich gedruckte Prospekte nebeneinanderlegen und Preise auf diese Weise direkt und einfach vergleichen. „Diesen Vergleich muss man sich digital zumindest aktiv beschaffen, wenn er weiterhin erfolgen soll“, so Floß.

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Wer so vorgeht, kann auch mit größeren Abverkaufserfolgen rechnen, weiß Katrin Floß unter Verweis auf die von mehreren Verlagen durchgeführte Werbewirkungsstudie Best 4 Tracking zu berichten. Diese zeige „sehr eindeutige Ergebnisse, was den Mehrwert von Print in Bezug auf die Kaufbereitschaft im Handel betrifft. So wirken crossmediale Mix-Kampagnen mit Print um 10 Prozent besser als Mix-Kampagnen ohne Print.“

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„Es geht hier nicht nur um eine Altersfrage“, folgert Floß. Zwar sei die digitale Mediennutzung in jüngeren Altersgruppen stärker als in älteren. „Aber die Funktionsweise einer Printbeilage kann auch in digital affinen Altersgruppen nicht zwangsläufig durch digitale Maßnahmen substituiert werden“, glaubt die Mediaexpertin. Ihr abschließendes Fazit: „So kann es aus meiner Sicht nicht um ein Entweder-oder gehen, sondern vielmehr um die Entwicklung einer belastbaren hybriden Strategie, die das eine nicht ausschließt und das andere zunehmend zulässt.“

Das gesamte Interview mit Katrin Floß finden Sie im Rahmen einer Umfrage der Lebensmittel Zeitung online vom 12. August 2022.

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Foto: Katrin Floß | © Jan Ladwig