Walk & Talk & Rock

Nicole Weschke und Ann-Sophie Altmeier teilen sich bei CROSSMEDIA die Führungsposition des Director Corporate Communications. Im Interview mit HORIZONT berichten beide über Ihre Erfahrungen beim Jobsharing:

Wie Nicole Weschke und Ann-Sophie Altmeier im Jobshare Director Corporate Communications bei Crossmedia sind

Trotz Digital Work Tools gehen Nicole Weschke und Ann-Sophie Altmeier zum Reden auch gerne mal gemeinsam spazieren. Seit gut eineinhalb Jahren teilen sie sich die Führungsposition Director Corporate Communications bei Crossmedia – und es nervt, dass Teilzeit „immer noch nur so ein Frauending“ ist. Vor dem Jobshare hat Weschke den Job fast 20 Jahre lang alleine gemacht, während Altmeier die PR- und Marketingabteilung der Omnicom Media Group Germany leitete.

Warum haben Sie sich 2019 für eine gemeinsame Führungsposition im Jobshare entschieden?
Nicole Weschke: Unser Wachstum auf allen Ebenen war sicher ein Grund, dass ich mir Verstärkung mit Branchenerfahrung
und Führungskompetenz gewünscht habe. Ich kenne Ann-Sophie seit rund 15 Jahren. Wir haben seinerzeit schon ein paar Jahre bei unserem PR-Ableger Cross PR zusammengearbeitet.
Ann-Sophie Altmeier: Neben der flexibleren und insgesamt kürzeren Arbeitszeit, die dieses Modell mit sich bringt, ging es auch mir um den Wunsch nach mehr fachlichem Austausch. Die Gespräche, die man sonst mit sich selbst geführt hat, führt man jetzt miteinander. Was ehrlich gesagt ziemlich gut ist.

Wie sieht Ihr Jobshare konkret aus?
Weschke: Aktuell arbeiten wir beide jeweils 30 Stunden und überschneiden uns somit an zweieinhalb Tagen pro Woche. Der Plan war allerdings, dass wir noch etwas weiter mit den Stunden runtergehen. Doch dann kamen Corona und einige weitere Jobs dazu, sodass
das bis heute nicht möglich war. Aber wir arbeiten weiter darauf hin, die Stunden noch ein Stück zu reduzieren.
Altmeier: Wenn eine von uns mal nicht verfügbar ist, springt die andere ein. Mit „Nic.An“ haben wir zudem eine gemeinsame E-Mail Adresse, die immer diejenige beantwortet, die gerade Zeit oder den Hut für ein bestimmtes Thema aufhat.

Wer hat für welches Thema den Hut auf?
Altmeier: Nicole treibt beispielsweise die Themen New Work und Gestaltung voran. Ich kümmere mich nicht zuletzt aufgrund meiner Erfahrungen bei der Omnicom Media Group und OMD mehr um das Thema Internationale Kommunikation.
Weschke: Alle anderen Themen wie Marke und Unternehmensdarstellung generell, aber auch Agenda Setting und PR, Awards, Content Distribution, interne Kommunikation und auch Personalentwicklung oder Events teilen wir sehr individuell nach dem jeweils
konkreten Job untereinander auf beziehungsweise entscheiden große Dinge immer gemeinsam.

Seit Corona arbeiten auch Sie ganz überwiegend Remote.Wie wichtig ist digitales Arbeiten in diesen Zeiten – und wie wichtig ist es generell für Jobshare?
Weschke:
Remote ist nicht wirklich ein Problem beim Jobshare, zumindest nicht mehr oder weniger als bei jeglichem anderen Teamwork auch.

Welche digitalen Tools nutzen Sie beziehungsweise helfen Ihnen beim Jobshare ganz besonders?
Weschke: Wir nutzen als Agentur Microsoft Teams. Ganz oft schicken wir uns aber auch einfach mal Whatsapp-
Sprachnachrichten.
Altmeier: Fairerweise muss man aber auch sagen, dass wir nicht weit voneinander wohnen und uns regelmäßig zu „Walk & Talk“-Runden treffen können. Nicht alles kann man gleich gut oder gleich effizient im Video-Chat besprechen. Und bei einem Jobshare ist eine gute Kommunikation untereinander nun mal fast der wichtigste Erfolgsfaktor.

Unterliegen Sie auch wie Christiane Hassis und Angela Nissen, die sich als „CHAN“ bei Unilever den Job Vice President DACH teilen,
einer gemeinsamen Erfolgskontrolle und gemeinsamen Bonuszahlungen?
Weschke: Nein, das ist nicht Crossmedia- Style. Wir werden als Person einzeln gesehen und gefördert. Dennoch wird natürlich der Erfolg unserer Unit beurteilt. Und für den stehen wir gemeinsam ein. Da gilt ganz klar „Mitgefangen, mitgehangen“.

Was ist eigentlich schwerer: die Hälfte seines bisherigen Jobs abzugeben oder die Hälfte des Jobs einer anderen neu anzunehmen?
Weschke: Beides ist schwer. Beides ist toll. Wir hatten ja beide schon Kommunikationsabteilungen aufgebaut
und waren es gewohnt, alles selbst unter Kontrolle zu haben. Das muss man natürlich erst mal ent-lernen.

Wobei Sie persönlich vermutlich sehr viel mehr „ent-lernen“, weil abgeben mussten, als Ann- Sophie Altmeier?
Weschke: Das Abgeben von Jobs und Kontrolle war für mich in den ersten Monaten schon ungewohnt. Ich war bis dahin ja über viele Jahre hinweg mehr oder weniger ungeteilte Anerkennung in meiner Position gewöhnt.
Doch ehrlicherweise hätte ich gedacht, dass mir Eitelkeit mehr zu schaffen machen würde. Damit gut klarzukommen, ist sicher auch eine Charakterfrage.Wenn man nicht immer selbst das Bedürfnis hat, glänzen zu müssen, geht das gut.
Altmeier: Für mich war es eine Herausforderung, erst mal wieder gefühlt bei null anzufangen. Ich war es von meinem vorherigen Job ja auch gewohnt, den Durchblick zu haben, alles und jeden zu kennen. Am Anfang nicht mal genau zu wissen, wen man für was
anspricht, war wirklich ungewohnt.

Das hat allerdings nichts mit Ihrem Jobshare zu tun, sondern trifft ja jeden, der einen neuen Job anfängt.
Altmeier: Schon, aber in unserem konkreten Fall musste ich lernen, mich mit genau diesen Fragen Nicole anzuvertrauen
und mich von ihr an die Hand nehmen zu lassen.

Wie haben Sie das – nennen wir es mal ungleiche – Kräfteverhältnis zu Beginn Ihrer Zusammenarbeit aufgelöst?
Weschke: Wir haben sehr viel Zeit genommen und gemeinsam festgelegt, auf welchen unverrückbaren Säulen unsere Zusammenarbeit stehen soll.
Altmeier: Dabei herausgekommen ist unser „This is how we rock“-Manifest mit fünf klaren Regeln für unser gemeinsames
Arbeiten.

Wie lauten diese Regeln?
Altmeier: Verkürzt gesagt lauten sie: Wir vertrauen uns blind. Wir sind offen und ehrlich miteinander. Wir wissen, was die andere weiß. Wir sind (gefühlt) eins. We never walk alone, im Sinne von: Keine macht Alleingänge.

Die Unilever-Managerinnen CHAN haben ihr Erfolgsrezept beschriebenmit dem Satz: „Man muss die jeweils andere besser
machen wollen.“ Ist das auch Ihr Anspruch?
Weschke: Definitiv. Aber das sollte ja eigentlich auch für jede und jeden im Team gelten.

Crossmedia-Chef Markus Biermann hat zum Start Ihres Jobshares gesagt, es gehe darum, „eine Kultur zu schaffen, in der
Frauen und Männer ganz selbstverständlich flexible Arbeitskonstellationen in Anspruch nehmen“.
Wie viele Jobshares auf Führungsebene gibt es bei Crossmedia bereits?
Weschke: Jobshares gibt es im Crossmedia- Worknet schon lange und immer mal wieder. Mir fallen spontan mindestens vier ein, aktuell zwei davon ebenfalls auf Führungsebene.

Finden Sie das bei rund 350 Mitarbeitern viel oder wenig?
Weschke: Wir wollen uns als Agentur dafür einsetzen, gute Modelle für verschiedenste Lebenskonzepte zu bieten. Dafür muss man aber von einem Arbeitsmodell, das stark auf Präsenz und Arbeitszeit ausgerichtet ist, zu einem Modell kommen, bei dem es um Ergebnisse
geht. Und man muss einen Rahmen schaffen, in dem sowohl alle miteinander als auch jeder individuell bestmöglich arbeiten kann.

Hört sich in der Theorie gut an. Aber wie weit ist Crossmedia bereits damit?
Weschke: Teilzeit für Mütter und Väter ist in vielen Agenturen längst Usus – zum Glück! Teilzeit für Frauen und Männer, die keine Familie haben? Eher weniger. Dabei gibt es eine Reihe von Gründen, warum man seine zur Verfügung stehende Zeit anders priorisieren möchte.
Altmeier: Es nervt einfach, dass Teilzeit vielerorts immer noch mit mangelnder Leistungsbereitschaft gleichgesetzt wird. Und es ist absolut nachteilig, dass Teilzeit immer noch nur „so ein Frauending“ ist. Das führt dazu, dass Männer in Unternehmen oft einfach
physisch präsenter sind und damit mehr Chancen haben, ihr Umfeld in ihrem Sinne zu prägen und möglicherweise auch einfacher Karriere zu machen. Deshalb finden wir auch das Thema Führung in Teilzeit total wichtig. Für mich muss jemand beispielsweise nicht immer erreichbar sein – ich selbst bin es ja auch nicht. Dadurch hat dann auch automatisch eine Kollegin oder ein Kollege mit Vollzeitstelle keine
Vorteile gegenüber jemandem in Teilzeit.


Die Managerinnen
Seit November 2019 sind Nicole Weschke und Ann-Sophie Altmeier im Jobshare Director Communications bei Crossmedia. Weschke verantwortet die Corporate-Communications-Aktivitäten der Crossmedia bereits seit Gründung der Agentur 1997. Altmeier leitete zuvor
die PR- & Marketingabteilung der Omnicom Media Group Germany. Von 2007 bis 2010 war sie bei der damaligen Crossmedia-Tochter Cross PR tätig.

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