So schätzen Media-Experten die Folgen des Coronavirus ein

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Kommunikationsbranche? Auf HORIZONT.net erläutert Markus Biermann zusammen mit weiteren führenden Media-Entscheidern, welche Probleme, aber auch Chancen sich daraus für Marken ergeben:

Wie hart wird die Corona-Krise die Kommunikationsbranche treffen? Diese Frage treibt derzeit wohl alle um, die in Medienhäusern, bei Vermarktern, in Agenturen oder in Marketingabteilungen werbungtreibender Unternehmen arbeiten. Am dichtesten dran am Puls des Werbemarktes sind traditionell die Mediaagenturen, die im Auftrag der Kunden in der Regel die Mediaplanung machen und Kampagnen einbuchen – oder gegebenenfalls auch stornieren müssen. HORIZONT Online hat führende deutsche Media-Entscheider gefragt, wie sie die aktuelle Situation und die weitere Entwicklung einschätzen.

Auch wenn die Entwicklung des Coronavirus bekanntlich sehr „dymanisch“ verläuft, sind sich die befragten Experten in einem schon jetzt einig: Die Werbekonjunktur wird in diesem Jahr massiv leiden.

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Auch Markus Biermann redet nicht um den heißen Brei herum. „Corona hat den Werbemarkt längst erreicht“, sagt der Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter von Crossmedia. So seien manche Unternehmen mit teilweise existenziellen Bedrohungen konfrontiert. Vor diesem Hintergrund sei „ein temporärer Verzicht auf werbliche Kommunikation oft die einzige logische Konsequenz“, so Biermann.

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Gleichwohl legen sich die Agenturen mächtig ins Zeug, um ihren Kunden die Sinnhaftigkeit von Werbemaßnahmen auch in der Corona-Zeit zu erklären.

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So könnten Marken mit einer hohen Sichtbarkeit aktuell ihre Ankerfunktion für die Konsumenten unterstreichen. Kurzfristiges, zu starkes Sparen könne dagegen langfristig Nachteile für die Marktanteile nach sich ziehen. Auch Biermann erinnert daran, dass Sparen häufig nicht zum Ziel führt. „Markendepots können auch in diesen Zeiten intelligent aufgebaut werden“, sagt Biermann.

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Wenig überraschend wirkt sich die aufgrund des Coronavirus veränderte Mediennutzung auch auf den Mediamix der Unternehmen aus. „Aktuell und im weiteren Verlauf der Krise ist es wahrscheinlich, dass der Shift zu digitalen Medien noch weiter zunimmt“, sagt Biermann.

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Die Statements im Wortlaut

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Markus Biermann, Gründer & geschäftsführender Gesellschafter von Crossmedia

Werden aktuell wegen der Coronakrise viele Werbekampagnen gestoppt, verschoben oder sogar komplett gecancelt?
Viel ist wie immer relativ. Im Vergleich zu üblichen Zeiten relativ viel, im Vergleich zu dem was zu befürchten ist, noch relativ wenig. Klar ist: Corona hat den Werbemarkt längst erreicht – in unterschiedlichster Ausprägung. Während einige unserer Kunden aktuell sogar mehr Umsatz erzielen und ihre Marketingaktivitäten daraufhin anpassen, sehen sich andere Unternehmen mit teilweise existenziellen Bedrohungen konfrontiert, vor deren Hintergrund ein temporärer Verzicht auf werbliche Kommunikation oft die einzige logische Konsequenz ist. Viele Kunden setzen auf moderate Vorsicht und verschieben geplante Maßnahmen auf noch ungewisse Zeit oder ins zweite Halbjahr.

Für viele Unternehmen ist die Coronakrise mit Umsatzeinbußen verbunden. Erwarten Sie, dass in diesem Jahr in großem Maße Marketingbudgets heruntergefahren werden, um Kosten zu sparen?
Dahinter verbergen sich ja größere Aspekte als der, den wir allgemein unter „Kostensparen“ verstehen. Das Kostensparen ist sicherlich auch ein Grund für das übergeordnete Problem, das Marketing im Sinne des „all about Sales“ heute hat. Markendepots können auch in diesen Zeiten intelligent aufgebaut werden.

Bietet die Coronakrise für Unternehmen und Marken auch Chancen? Und wenn ja: Welche Kommunikations- und Werbemaßnahmen wären aus Ihrer Sicht sinnvoll, um diese Chancen zu ergreifen?
Weise Menschen sprechen von einer kompletten sozialen und ökonomischen Neuorientierung nach Corona. Das führt hier zu weit. Wie so oft trifft die eine Entwicklung auf die andere. So ist es auch im Falle von Corona. Wir haben das Jahr 2020 für uns und unsere Berater zum Jahr der Marke ausgerufen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass Sparen häufig nicht zum Ziel führt. Die Adidas-Debatte hat es als ein Beispiel in die Branche getragen. Die Fixierung auf kurzfristige Performance-KPIs hat dazu geführt, dass die Grundlagen für ein nachhaltiges Marketing allzu oft aus den Augen verloren werden. Das wäre unser Thema für 2020 gewesen. Und ich bin weiterhin überzeugt, dass es auch nach Corona (falls es das überhaupt geben sollte) Gültigkeit hat. Die gesellschaftlichen Veränderungen werden spürbar bleiben. Im Positiven. Marken werden gefordert sein. Und ein Greenwashing des Themas „Purpose“ wird unter Strafe gestellt werden: Kaufakttechnisch.


Eigene Ergänzung CROSSMEDIA: Unsere Strategie-Spezialeinheit Xccelerate hat ein sehr spannendes Dossier zur aktuellen Situation erstellt und Handlungsempfehlungen für drei zu erwartende Phasen ihres weiteren Verlaufs definiert. Eine Sache zeichnet sich dabei ganz deutlich ab: Egal, wie lange uns COVID-19 noch in Atem hält oder wie stark unsere Branche von der Krise getroffen wird: Marken, die ihren Werten in der Krise treu bleiben und konsistent kommunizieren, werden am Ende positive Auswirkungen spüren.


Die Mediennutzungsgewohnheiten haben sich aufgrund der Coronakrise bereits geändert. Während soziale Netzwerke laut einer aktuellen YouGov-Umfrage als Infoquelle zu Corona keine Rolle spielen, stehen aktuell TV, Zeitungen, Hörfunk und Onlinemedien bei den Verbrauchern hoch im Kurs. Kino und OoH hingegen sind dagegen naturgemäß die Verlierer. Wie wird beziehungsweise sollte sich das auf den Mediamix der Unternehmen auswirken?
Aktuell und im weiteren Verlauf der Krise ist es wahrscheinlich, dass der Shift zu digitalen (flexiblen, kontrollierbaren) Medien noch weiter zunimmt. Wir beobachten in unserem Mix bisher noch ein gut ausgewogenen Verhältnis im Einsatz der verschiedenen Medien. Nicht erst mit der Corona-Krise sehen wir den Wert des Qualitätsjournalismus als eine Grundvoraussetzung für wirkungsvoll positive Markenarbeit.

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