Media muss sich besser verkaufen

Markus Biermann, Geschäftsführer, CROSSMEDIA beim MEDIA-GIPFEL:

Welchen Stellenwert hat Media? Worauf sind Mediaagenturen stolz, und was wollen sie anders machen? Wie wird sich das Mediabusiness in nächster Zukunft entwickeln? Sechs VIPs der Mediabranche haben dazu in unserem Jubiläums-Media-Meeting sehr offen ebenso selbstbewusste wie selbstkritische Antworten gegeben.

Folgend ausgewählt die Gesprächspassagen mit Markus Biermann:

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Wird Media auf Unternehmensseite denn auch als vollwertiges Instrument zur Markenführung akzeptiert?

MARKUS BIERMANN Die Frage ist doch, inwieweit Planungsprozesse sich verschoben haben, und was man an den Tisch bringen muss, damit man zur Markenführung einen vernünftigen Beitrag leisten kann. Da sind teils gravierende Veränderungen vollzogen worden, nicht überall, garantiert auch nicht überall gleich, jedoch so, dass man mehr als Ansätze sehen kann. Was die Wahrnehmung von Media durch die Werbebranche angeht, muss ich leider sagen: Das Niveau ist nicht gestiegen.
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Was wollen die Kunden?
KLAUS-PETER SCHULZ Die Kunden fordern von allen Agenturen, den Konsumenten in den Mittelpunkt zu stellen. Dieser veränderte Fokus hat natürlich Auswirkungen, wie Agenturen heute aufgestellt sein müssen, auf Prozesse und Strukturen. […]
WALTER LITTERSCHEID Es gibt nach wie vor Kunden, wo das klassische Modell funktioniert. Das sehe ich durchaus im Bereich der Fast Moving Consumer Goods, wo die Relation Werbedruck und Abverkauf noch relativ stark gegeben ist. In vielen anderen Bereichen ist das nicht mehr ausreichend. Da ist es definitiv wichtig zu verstehen, wie die Beziehung zwischen Konsument und Marke aussieht, und wie man eine erlebbare Beziehung langfristig etablieren und in Markentreue umwandeln kann.
MARKUS BIERMANN Aber Entschuldigung, davon, dass wir den Konsumenten in den Mittelpunkt stellen müssen, reden wir doch schon seit zehn Jahren.
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Der Umstand, dass 70 Prozent des Marketingbudgets für Media eingesetzt werden, ist für Kunden anscheinend kein Grund, den Stellenwert von Media höher zu hängen. Was müssen Mediaagenturen tun, um sich besser zu verkaufen?
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MARKUS BIERMANN Die eigentliche Chance, die wir als Mediaagenturen haben, auch um uns von Unternehmensberatern zu unterscheiden, ist: Wir liefern die Exekution, wir gewährleisten auch, dass alles so läuft, wie wir es planen. Diese Expertise verschafft uns gegenüber klassischen Unternehmensberatern im Umkehrschluss wieder Vorteile in der strategischen Beratung.

Markus Biermann, Geschäftsführer Crossmedia: „Nur wir als Mediaagenturen liefern auch die Exekution unserer Pläne.“

Aber haben Mediaagenturen nicht selbst den Markt kaputt gemacht, indem sie ihre Leistungen gesteigert haben, aber den Preis dafür in den Keller gehen ließen?
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MARKUS BIERMANN Auf dem OMG-Forum wurden Stundensätze für Mediaagenturen in einer Größenordnung zwischen 800 und 1000 Euro in den Raum gestellt. Das geht doch sehr weit und lässt in meinen Augen Interpretationen zu, was in Geschäftsbereichen wie zum Beispiel dem Einkauf sonst verdient wurde…
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Beratungsleistung auch als Möglichkeit, sich von konkurrierenden Mediaagenturen abzugrenzen, ist das eine. Aber begründen Sie die eigentlichen Unterschiede nicht viel mehr über Ihre Macht beim Media-Einkauf, obwohl der doch sehr standardisiert abläuft?
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MARKUS BIERMANN Einen 30-Sekunden-Spot zu buchen, ist einfach und im Zweifel nicht angreifbar – zudem, wenn ich ihn über eine große Agentur wie Mediacom schalte. Schwieriger ist es, ein vernetztes System für eine Lösung auf den Tisch zu legen und die auch erfolgreich umzusetzen. Das haben noch nicht alle Kunden verstanden.

Mit Blick auf die nächsten zehn Jahre: Welche Entwicklungen bestimmen Ihr Geschäft?
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MARKUS BIERMANN Der Job, Medien auszuwählen, ist mittlerweile standardisiert. Es wird darum gehen, als Agentur Spezialistentum auszubilden, um den Anforderungen der immer stärker fragmentierten Medienwelt Rechnung tragen zu können. Aber der Kunde braucht auch den Generalisten, der als Berater, als Ergebnisverantwortlicher mit ihm die Planung übernimmt und – unabhängig von anderen Aspekten – das beste Konzept auf die Beine stellt. Deshalb glaube ich, dass Unabhängigkeit ein wichtiger und bislang noch vollkommen unterschätzter Faktor ist.