Im Digitalen schwer erreichbar

Head of CROSSKIDS bei CROSSMEDIA

Im Special zum Thema Kinder- und Jugend-Marketing der aktuellen new business spricht Bianca Grindel, Head of CROSSKIDS bei CROSSMEDIA, über Besonderheiten und Herausforderungen in der Mediaplanung für die Zielgruppe Kinder. Im Interview erklärt sie unter anderem, wie sich die Mediennutzung in unterschiedlichen Teilzielgruppen verhält:

Die zunehmende Online-Nutzung der älteren Kinder ab zehn Jahren führt zu einer stärkeren Fragmentierung der Mediennutzung und einer schlechten Erreichbarkeit der Zielgruppe durch Werbetreibende. Eine zielgenaue Planung ist vor allem im TV und Print möglich.

Wir sprachen mit Bianca Grindel, Head of Crosskids bei Crossmedia, Düsseldorf, über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Mediennutzung von Kids, den Stellenwert von TV und Print für die Zielgruppe und die Werbewahrnehmung von Kindern.

nb: Frau Grindel, welche Herausforderungen stellt die heutige Generation der Vier- bis 13-Jährigen an die Mediaplanung?

Bianca Grindel: Zwei entscheidende Faktoren machen die Mediaplanung für Kinderzielgruppen so besonders. Wir haben die rechtlichen Rahmenbedingungen, die sich über den Kanal, die Werbeträger bis hin zur eigentlichen Botschaft erstrecken und im Zuge der DSGVO noch einmal erweitert wurden, und wir haben die unterschiedliche Mediennutzung in den einzelnen Teilzielgruppen.

nb: Welche Teilzielgruppen gibt es?

Grindel: Die Teilzielgruppen driften immer mehr auseinander. Sonst haben wir zwischen Kindern und Teenagern unterschieden, die Digitalnutzung setzt aber immer früher an, sodass wir nun die PreTeens noch einmal gesondert betrachten müssen. Bei den vier- bis Neunjährigen sind TV und Print weiterhin die wichtigsten Medien. Bei den ab Zehnjährigen gewinnt das Medium Online zunehmend an Relevanz, was zu einer steigenden Fragmentierung und schlechteren Erreichbarkeit führt. In TV und Print haben wir viele Möglichkeiten die Kinder zielgenau zu erreichen. Online hingegen mit einer Fülle an Webseiten und Apps, die meist ein breiteres Publikum ansprechen, ist es sehr schwierig auf eine so junge Zielgruppe auszusteuern. Ein Targeting ist nicht erlaubt oder die Angebote für kleiner Kinder sind von vornerein werbefrei.

nb: Welche Faktoren machen Kids, die ja keine Haushaltsführenden oder Gutverdienenden sein können, zu einer attraktiven Zielgruppe?

Grindel: Kinder haben in vielen Anschaffungsbereichen ein Mitspracherecht. 78 Prozent der Vier- 13-Jährigendürfen mitbestimmen, was letztendlich im Einkaufswagen landet und 52 Prozent nehmen einen Einfluss darauf, wo der nächste Familienurlaub hingeht. Werbetreibende müssen also ebenfalls die Kids von ihren Angeboten überzeugen. Darüber hinaus dürfen 74 Prozent der Kids ihr Taschengeld eigenständig verwalten. Im Durchschnitt stehen ihnen 24 Euro pro Monat zur Verfügung, was mit dem Alter zunimmt. Rund 73 Prozent des monatlichen Taschengeldes fließen davon in Lebensmittel, was die Kids zu einer äußerst attraktiven Zielgruppe zum Beispiel für Discounter macht.

nb: Crosskids betreut seit Anfang 2018 den Gesamtetat von Super RTL. Wird es für Kinder-TV-Sender auch immer schwieriger die ganzen Jungen zu erreichen – so wie es den klassischen Sendern mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen geht?

Grindel: Es wird immer schwerer die Zielgruppen im linearen TV abzuholen, neben dem breiten, digitalen Angebot von Video-on-Demand-Anbietern. Jeder kann selbst entscheiden, wo er wann, welchen Content konsumieren möchte und dies zeigt sich natürlich auch in den Kinderzielgruppen, auch wenn TV von den Eltern als Medium sehr akzeptiert wird. Gerade junge Eltern verfügen zudem über eine besonders gute Geräteausstattung und nutzen diverse Endgeräte, abseits des klassischen TV-Gerätes. Nehmen wir beispielsweise die Formate „Peppa Pig“ oder „Paw Patrol“, die für die Eltern gut portionierbar auf YouTube sowie auf Netflix und Co. Laufen. Bei den Vier- bis Neunjährigen wird Online immer relevanter und das auch zu Lasten von TV. Die Erreichbarkeit ist immer noch sehr gut, aber das Zeitbudget wird anders verteilt. Super RTL hat längst erkannt, dass es wichtig ist, den Kindern ein umfassendes Angebot im TV und Online anzubieten und baut dieses stetig weiter aus. Toggo.de ist eine der erfolgreichsten deutschen Kinder-Webseiten.

nb: Empfiehlt es sich, TV-Kampagnen im Kids-Fernsehen online zu verlängern?

Grindel: Es kommt darauf an, an welche Teilzielgruppe sich die Kampagne richtet. Anders als bei den erwachsenen Zielgruppen, sprechen wir nicht von über 95 Prozent Online-Reichweite, sondern je nach Teilzielgruppe eher zwischen 30 bis 60 Prozent, und ein genaueres Targeting auf das Alter ist überhaupt nicht möglich. Wenn es aber um die PreTeens geht, ist eine Online-Bewegtbild-Kampagne sehr zu empfehlen. Wir haben diverse Möglichkeiten und können die Kids gut auf Kinder- und Gaming-Webseiten abholen. Im Co-Viewing-Ansatz können wir die Kleinsten auch über YouTube ansprechen.

nb: Wie digital ist die Zielgruppe Kinder heute?

Grindel: Auch hier ist es sinnvoll die Zielgruppe Kinder vier bis neun Jahre und Kinder zehn bis 13 Jahre zu unterscheiden. Laut der Kinder-Medien-Studie 2017 nutzen gerade einmal 34 Prozent der Kinder zwischen vier und neun Jahren mindestens mehrmals die Woche das Internet oder beschäftigen sich mit Apps. Bei den Zehn- bis 13-Jährigen sind es dann schon 66 Prozent, die wir über den digitalen Weg erreichen können. YouTube ist in der Studie separat abgefragt und zeigt, dass Kinder diese Seite als eigene Plattform oder als eigenen Sender/Kanal wahrnehmen, denn sie bringen die Plattform nicht automatisch mit dem Internet in Verbindung. 30 Prozent der Vier- bis Neunjährigen und sogar 70 Prozent der Zehn bis 13-Jährigen schauen Clips auf YouTube.

nb: Welche Bedeutung haben die sozialen Medien, um Kinder werblich zu erreichen?

Grindel: Auch hier muss nach Plattform unterschieden werden. Facebook und Instagram spielen alleine durch die Altersbeschränkung, die im Zuge der DSGVO auf 16 Jahre angehoben wurde, keine Rolle. Snapchat ist mit der Zustimmung der Eltern auch weiterhin nutzbar für die 13- bis 16-Jährigen. Auch weitere Apps wie zum Beispiel Musical.ly dürfen erst ab einem Alter von 13 Jahren genutzt werden. Da jegliche Werbung nutzerdatenbasiert ausgeliefert wird, gibt es also keine Möglichkeit, Kinder über bezahlte Anzeigen anzusprechen.

nb: Wie wichtig ist Storytelling für die kleinen Verbraucher?

Grindel: Kinder konsumieren Werbung ganz anders als Erwachsene. Sie empfangen die Botschaften auf einer emotionalen und weniger rationalen Ebene. Daher ist es so wichtig, dass die gestalterischen Richtlinien wie keine direkte Kaufaufforderung, keine Diskreditierung von Vorbildern etc. eingehalten werden. Kindern muss eine Botschaft ganz anders vermittelt und in den Kontext eingeordnet werden. Ein Storytelling ist daher unerlässlich. Hierzu gibt es einen spannenden Vortrag von Carsten Göttel, Programmdirektor bei Super RTL, den er auf den letzten IP Kinderwelten gehalten hat und der auf der IP-Deutschland-Webseite einzusehen ist (Anm. d. Red.: https://www.ip.de/fakten_und_trends/zielgruppen/kinderwelten/08_heldengeschichten.cfm)

nb: Kommen wir zu den Printmedien: Beim Blick auf den Kinderzeitschriftenmarkt wird einem ganz schwindelig, so viel Bewegung ist da drin und so viele Titel springen einem entgegen. Welche Relevanz haben die Magazine für Werbetreibende?

Grindel: Zeitschriften haben immer noch einen hohen Stellenwert und genießen die höchste Medien-Akzeptanz bei den Eltern. 53 Prozent der Kinder von vier bis neun Jahren und auch 53 Prozent der Zehn- bis 13-Jährigen lesen mehrmals pro Woche Zeitschriften. Bei den Jüngeren ist es eher ein Durchblättern, aber darauf sind die Produkte ausgelegt. Es gibt über 100 Magazine auf dem Markt, die jährlich ausgetauscht werden. In keinem anderen Themenfeld gibt es so viel Bewegung. Dies liegt vor allem daran, dass der Markt sehr lizenzgetrieben ist. Jede wichtige Lizenz, darunter Lego, Star Wars, Bibi und Tina, Micky Maus und Paw Patrol, hat ein eigenes Magazin, um dem Fantum gerecht zu werden und das Gesamtangebot an Merchandise abzurunden. Mit einer starken Printkampagne können wir einen sehr guten Reichweitenaufbau sicherstellen, ohne große Streuverluste.

nb: Gibt es auf dem Print-Markt bestimmte Titel oder Reihen, die für den Werbemarkt von besonderer Bedeutung sind?

Grindel: Es gibt Titel wie die „Micky Maus“ oder „Lustiges Taschenbuch“, die es gefühlt schon immer gegeben hat. Diese Evergreens haben die Eltern schon gelesen und geben diese auch an ihre Kinder weiter. Die Magazine haben im Vergleich zu anderen Titeln weiterhin starke Auflagen, aber natürlich über die letzten Jahre auch enorm einbüßen müssen. Fallende Auflagenzahlen sind eine Entwicklung, die den gesamten Printmarkt zeichnet. Darüber hinaus gibt es noch die Sparte der Wissenschaftstitel wie „Geolino“, „Zeit Leo“ & Co., die es schaffen ohne auffälliges Gimmick gekauft zu werden und sich großer Beliebtheit erfreuen. Die Kinder bekommen zusätzlichen Input zu lernrelevanten Themen und den Eltern gibt es ein gutes Gefühl zu wissen, dass ihre Kids etwas lernen können. Bei der Bewerbung und Akzeptanz von Medien spielt der Punkt „Mein Kind kann etwas lernen“ immer eine große Rolle. Auch bei Wissenschaftstiteln können wir noch auf starke Auflagen bauen.

nb: Was gilt es bei der Printplanung besonders zu beachten?

Grindel: Generell gilt: Bei der Printplanung für Kinderzielgruppen ist es besonders wichtig am Puls der Zeit zu sein und zu wissen, welche Marken und Lizenzen den Markt gerade dominieren und vor allem zu wissen, wann diese auch wieder „out“ sind.

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