Facebook oder Instagram – welche Plattform ist wichtiger für die Werbungtreibenden?

Wie wichtig sind Social-Media-Plattformen für Werbungtreibende? Im Interview mit HORIZONT gibt Johst Klems, geschäftsführender Gesellschafter von earnesto, seine Einschätzung zur Entwicklung sozialer Netzwerke ab:

Der Social-Media-Boom ist ungebrochen, doch längst nicht alles funktioniert wie gewünscht. HORIZONT Online fragt drei Mediaagentur-Manager, wie sie die akutelle Entwicklung bei den großen Plattformen einschätzen.

Drei der zentralen Trends, die sich aus der Umfrage ableiten lassen, lauten:

Erstens: Facebook wird für die Werbungtreibenden noch teurer – bleibt aber trotz empfindlicher Rückgänge in der jungen Zielgruppe für Marketiers wichtig.

Zweitens:  Instagram Shopping hat das Zeug dazu, der nächste Mega-Trend zu werden.

Drittens: Trotz Fragezeichen hinsichtlich der Werbewirkung und herben Problemen wie Fake News und Ad Fraud: Die von HORIZONT Online befragten Agenturmanager sind überzeugt, dass die Werbe-Investments in Social Media weiter deutlich steigen werden.

1. Löst Instagram gerade Facebook als wichtigste Social-Media-Plattform für Werbungtreibende ab?

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Johst Klems: Will man Trends setzen und im gesellschaftlichen Fokus landen, findet man auf Instagram eher die extrovertierten First Mover. Die Erfahrung zeigt aber, dass kombinierte Kampagnen auf beiden Netzwerken sehr erfolgversprechend sind.

2. Wie beurteilen Sie die in Teilen neue strategische Ausrichtung von Facebook?

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Johst Klems: Facebook hat sich in Teilen von einem Social Network zu einer Informations- und Diskussionsplattform entwickelt. Der Hype um Facebook ist vorbei, die Relevanz des Kanals dagegen nicht. Diese Relevanz besteht immer in Abhängigkeit des öffentlichen Bildes, das die Gesellschaft von Facebook hat. Wenn Mark Zuckerberg es schafft, Cambridge Analytica und Fake News hinter sich zu lassen, bleibt die Plattform auch für eine Generation nach Instagram, TikTok und Snapchat ein Thema.

3. Ist Instagram aus Ihrer Sicht auf dem richtigen Weg?

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Johst Klems: Die Nutzer verbringen eine Menge Zeit auf Instagram. Die durchschnittliche Screentime übersteigt die alternativer Medien deutlich. Die Nutzerzahlen dürften heute bei weit über 15 Millionen Mitgliedern liegen. Das Netzwerk schafft immer neue Features wie Instagram TV, Shopping oder Interaktionselemente in den Storys. Letztlich lebt der Kanal aber von den Menschen, die dort aktiv sind und ihre Geschichte erzählen – ob privat oder im Namen einer Marke. Instagram darf nicht ruhen und muss immer neue Impulse liefern, um den User bei Laune zu halten. Momentan sehe ich  aber kein Netzwerk, welches spannendere Impulse für die breite Masse setzt als Instagram.

4. Welche der beiden Plattformen eignet sich besser für Markenkommunikation und Performance?

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Johst Klems: Das lässt sich pauschal nicht sagen. Instagram ist sicherlich besser für Lifestylemarken eignet. Hier geht es konsumiger, bildgewaltiger und emotionaler zu. Facebook ist der richtige Kanal, wenn es und erklärungsbedürftige Produkte geht. Verkaufen können beide Netzwerke. Der kombinierte Einsatz ist gerade bei breiten Zielgruppen besonders sinnvoll.

5. Wie sehen Sie die Alternativen zu Facebook/Instagram wie TikTok, Pinterest oder Snapchat?

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 Johst Klems: Pinterest ist völlig anders aufgestellt ist als die anderen Netzwerke und schafft mit einer Mischung aus Push und Pull ein großes Potential für Werbungtreibende. Noch sind die Reichweiten ausbaufähig, sie steigen aber stetig. Pinterest ist in meinen Augen Social-Search und weniger Social-Network. Es kann sich zur Shopping-Plattform entwickeln – die Voraussetzungen sind da. TikTok und Snapchat bedienen am Ende Teilzielgruppen. Snapchat hat den Sprung über die Jugend hinaus nicht geschafft und mit Instagram große Konkurrenz bekommen. TikTok ist zwar cool, spannend und flippig. Technisch und inhaltlich sind die Hürden aber zu groß, um auch in der breiten Masse Fuß zu fassen.

6. Wird Instagram Shopping aus Ihrer Sicht ein großes Thema?

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Johst Klems: Ist es längst. Die, die es anbieten, verzeichnen Erfolge. Der Verbraucher mag die Leichtigkeit, die Werbungtreibenden die Messbarkeit. Jedes Low-Involvement-Produkt, das eine impulsive Kaufentscheidung wahrscheinlich macht, ist bei Instagram Shopping gut aufgehoben. Man scrollt durch den Feed, will eigentlich nichts kaufen und tut es dann doch. Der Impuls kann so schnell bedient werde, dass die Ratio noch nicht eintritt. Das ist neu im Netz und macht Instagram Shopping zu einer sinnvollen Ergänzung in der Sales-Strategie.

7. Werden die Umsätze weiter steigen oder hat Social Media den Peak erreicht?

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Johst Klems: Social Media steht am Anfang. Menschen kommunizieren miteinander digital – 24/7. Ob die Zukunft Facebook oder LinkedIn oder Pinterest heißt ist offen – das Prinzip der Netzwerke aber nicht. Der persönliche Nutzen, den die User aus den Netzwerken ziehen, scheint immer noch größer zu sein als die Imageprobleme einiger Plattformen.

8. Was ist aktuell der vielversprechendste Trend in Social Media – und wo sehen Sie aktuell den größten Schwachpunkt?

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Johst Klems: Der massivste Trend ist das Sinken der Markteintrittsbarrieren in nahezu jeglicher Branche. Der Verbraucher kann Individualität mehr leben als je zuvor. „Klar hat meine Sonnenbrille runde Gläser (Trend) aber die Marke die ich trage, kennst du noch nicht (Individualisierung). Wäre ich Markenartikler mit Historie, würde ich mein Portfolio erweitern und weitere Marken platzieren. Warum? Weil es sonst andere tun. Neu ist spannend, alt ist langweilig. Und Schwachpunkte? Influencer bekommen Bruttoreichweiten gezahlt, die sie nicht liefern, Kanäle werden danach bewertet, wie viele Leute den Daumen hoch geben. Es ist an der Zeit, Social Media professionell zu denken und zu lenken. Die Branche braucht mehr Selbstbewusstsein. Social Media ist ein Fokusmedium, löst Stück für Stück die klassischen Medien ab und gehört auf die Prio-Liste der CMOc – und zwar über das Thema Social Advertising hinaus.

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