„Die Erweiterung der Distributionswege alleine reicht nicht“

Die Printbranche muss sich auf Grund der Digitalisierung neu aufstellen. Matthias Bade, stellvertretender Geschäftsführer von CROSSMEDIA, erörtert mit weiteren Mediaexperten, wie Verlage diesen Wandel vollziehen können und ob Printmedien im Zeitalter von Fake News einen Vorteil haben:

Die Zukunft der Zeitungsbranche wird sich im Digitalen entscheiden. Inwieweit die Verlage dafür gerüstet sind und ob sie mit ihrem Glaubwürdigkeitsversprechen auf dem Werbemarkt tatsächlich punkten können, diskutierten wir mit Mediaexperten.

Am 22. und 23. Juni 2017 laden der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDVZ) und die World Assosciation of Newspapers and News Publishers (WAN-IFRA) zum Kongress Zeitung Digital ein. In diesem Jahr geht es unter anderem um das lokale Geschäft, Social Publishing, Native Advertising, Millenials, Start-ups und Change-Prozesse in den Verlagen.

Wir sprachen im Vorfeld mit Matthias Bade, stellvertretender Geschäftsführer bei Crossmedia, Marco Dörper, Managing Director Local IQ von Publicis Media, Thomas Stennes, Director Investment & Accountability bei der Omnicom Media Group Germany, und Philipp Sonnhalter, Managing Director Die Onlinefabrik, über die aktuelle Position der Zeitungen auf dem digitalen Medienmarkt.

nb: Die Printbranche wurde als erste Mediengattung von der Digitalisierung erschüttert. Wie sind die Zeitungen heute Ihrer Auffassung nach aufgestellt?

Matthias Bade: Mittelprächtig. Zwar spielen viele Zeitungen ihren regionalen Vorsprung aus, im Kern denkt die Masse der Zeitungsproduzenten aber immer noch analog. Für viele geht es lediglich darum, ihre produzierten Inhalte zusätzlich auch digital zu distribuieren. Ob die Devise der Zeitungshäuser nun Online oder Print first lautet, spielt keine Rolle. Junge Leserschaften wird man durch diese bloße Erweiterung des Distributionsweges nicht zurückgewinnen können. Diese Zielgruppen vertrauen inzwischen anderen Marken und haben neue Wege der Informationsbeschaffung. Darauf werden sich die Zeitungen verstärkt einstellen müssen, damit ihnen das Zukunftspotenzial nicht vollständig abhandenkommt. Hier erkenne ich aber wenig Bemühung der Verlage, dass Thema „News 2025“ anzugehen.
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nb: Wie bewerten Sie das digitale Zeitungsumfeld im Vergleich zu anderen Digitalangeboten?

Bade: Oft als relativ undynamisch. Es mag n = 1 sein, aber wenn ich Online bei der regionalen Presse nach aktuellen Geschehnissen in meiner Umgebung schaue, so sind entsprechende Meldungen oft erst Stunden später darüber zu finden. Facebook oder Twitter sind hier oft die deutlich schnellere Quelle, um seinen Informationsbedarf zu stillen. Trotz alledem kann ich beim Absender Zeitung in der Regel darauf vertrauen, dass die Informationen auch verifiziert und glaubhaft sind.
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nb: A propos Facebook: Haben Zeitungen – auch im Digitalen – im Zeitalter der Fake News nicht einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Inhalteanbietern?

Bade: Grundsätzlich ja, wenn sie bezüglich der Redaktion auf Qualität setzen. Ich habe aber zunehmend das Gefühl, dass in der täglichen Hatz um die schnellste Meldung und reflektierten Eins-zu-eins-Übernahme von Agenturmeldungen, auch Zeitungen nicht vor Fake News gefeit sind. Hier müssen sie dringend aufpassen ihre Kernkompetenz nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen.
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