Die andere Seite von Media

Mit der Media DNA launcht CROSSMEDIA eines der umfangreichsten Forschungsprojekte in 25 Jahren Agenturgeschichte. Im exklusiven Interview mit der HORIZONT erklären Daniela Pohle, Director Strategy & Analytics, und Armin Schroeder, Geschäftsführender Gesellschafter, das neue Markenpersönlichkeits-Modell und die Hintergründe:

Crossmedia: Die Düsseldorfer Agentur verspricht mit Media DNA ein neues Marken-Modell für Media

Braucht die Branche ein weiteres Markenmodell, nur diesmal eben mit einer Mediaagentur als Absender? Braucht es, so die offizielle Verlautbarung, „ein von Crossmedia eigens entwickeltes Markenpersönlichkeits-Modell, mit dessen Hilfe die Identität einer Marke in ein kampagnenübergreifendes, strategisches Planungsgerüst überführt wird“?

Im Gespräch mit HORIZONT sagt Daniela Pohle, als Direktorin Strategy & Analytics der Unit Xcellerate federführend bei der Entwicklung des Modells beteiligt: „Wir müssen wieder einen stärkeren Fokus auf die Frage richten: Was tut einer Marke wirklich gut und was nicht? Kurzfristig positive Sales-Effekte bringen nichts, wenn sie der Substanz der Marke schaden. Alle Kommunikationsmaßnahmen, auch Performance-Kampagnen, sollten so gestaltet sein, dass sie zum langfristigen Markenwachstum beitragen.“ Armin Schröder, einer der geschäftsführenden Gesellschafter der Agentur, sagt: „Heute machen viel zu oft alle das Gleiche: das gleiche Targeting in den gleichen Umfeldern. Alles Spezielle, was eine Marke wirklich ausmacht und sie differenziert, wird über das Effizienz-Raster rausgefiltert. Die Media DNA ist ein sehr hilfreicher Ansatz, diese Beliebigkeit in der Mediaplanung zu überwinden und die Kraft der Media voll auszuschöpfen.“ Es gebe mittlerweile „eine riesige Lücke zwischen strategischem Bullshit-Bingo und Selbstbuchungs-Tools mit hohem Automatisierungsgrad“. In genau diese Lücke stoße man mit Media DNA.

Die Zitate der beiden machen deutlich, wo das Problem liegt. Im Grunde ist es unumstritten, dass die Stärke einer Marke ein absolut entscheidender Erfolgsfaktor ist. Starke Marken erweisen sich nicht nur in Krisenzeiten als resilienter, sondern performen auch besser, wenn es um Search oder den Aufbau von Communitys geht. In der Praxis aber ist seit Jahren eine Fokussierung auf Kurzfrist-Erfolge und Sales zu beobachten – man optimiert die KPIs, die am einfachsten zu optimieren sind, und fragt zu wenig danach, welche Maßnahmen zur Stärkung der Marke beitragen.

Ein zweiter Punkt kommt hinzu. In der Arbeit der Kreativagenturen spielt ein konsistentes Bild der Marke schon immer eine zentrale Rolle. In der Mediaplanung ist das bisher aber so gut wie nicht der Fall. Wenn aber, getreu dem Motto „The medium is the message“, eine Marke für den Konsumenten nicht nur durch das geprägt wird, was sie kommuniziert, sondern auch wo, wie und wann sie stattfindet, ist das ein Problem. Dieses Manko will Crossmedia mit Media DNA beheben. Ziel ist die operationalisierbare Verknüpfung von Marke und Media – oder mit anderen Worten: die Übersetzung der Markenidentität in eine Mediaidentität.

Crossmedia geht nun in zwei Schritten vor. Am Anfang steht die Entwicklung eines eigenen, proprietären Markenpersönlichkeits-Modells, was für eine Mediaagentur ungewöhnlich ist. Was den theoretischen Rahmen betrifft, greift man auf Elemente und Ansätze aus der Persönlichkeitspsychologie wie das Big-5-Modell zurück und macht es für Marken anwendbar. Hinzu kommt eigene Forschung. Zusammen mit dem Forschungsinstitut Innofact hat die Crossmedia-Unit Redbox die populärsten deutschen Marken von 5000 Studienteilnehmern hinsichtlich potenzieller Persönlichkeitseigenschaften bewerten lassen. Ergebnis ist ein Brand Personality Model mit 98 differenzierenden Persönlichkeitseigenschaften, die zu 18 Facetten und fünf fundamentalen Faktoren (Spannung, Entschlossenheit, Exklusivität, Kompetenz, Authentizität) verdichtet werden.

Die Frage ist jetzt natürlich, was man mit so einem Modell macht beziehungsweise was sich daraus konkret für die Mediaplanung ableiten lässt. Die Crossmedia-Verantwortlichen geben darauf folgende Antwort: „Die Media DNA formuliert markenindividuell Empfehlungen für die Kampagnenarchitektur, den Mediaeinsatz sowie die Wahl von Umfeldern und Formaten aus über 300 verschiedenen Mediastellschrauben. Sie bildet so die Brücke zwischen Markenstrategie und operativer Kampagnenplanung und sichert Konsistenz über alle Touchpoints hinweg.“

Man muss Crossmedia zugute halten, mit Media DNA keinen Schnellschuss abzuliefern, sondern ein wirklich detailliertes und in die Tiefe gehendes Konzept vorzulegen. Der Ansatz passt auch zu Kultur und Geschichte der Agentur: Crossmedia steht traditionell für ein Mediaverständnis, das über die Optimierung klassischer Media-KPIs hinausgeht und auch die Zusammenarbeit mit Kreativagenturen nicht nur propagiert, sondern wo immer möglich auch praktiziert.

Fragen bleiben dennoch. Im Idealfall soll das Crossmedia-Modell helfen, dass die jeweilige Marketingabteilung und die beteiligten Agenturen sich ein einheitliches Markenprofil erarbeiten. Dass sich alle auf Media DNA als Grundlage einigen, dürfte freilich alles andere als ein Selbstläufer sein. Das Ziel, ein stärkeres Zusammenspiel zu fördern, ist zweifellos sinnvoll. Ein anderer kritischer Punkt ist die Komplexität des Ansatzes. Die ist zum einen sicher eine der Stärken des Modells, steht aber womöglich einer einfachen Umsetzung im Wege. Letztlich aber ist schon viel gewonnen, wenn man sich mithilfe des Modells auf klare Leitplanken einigen kann.
Dass im Media-Business wieder verstärkt über qualitative Ansätze jenseits von Targeting-Optimierungen und Automatisierung diskutiert wird, ist nur zu begrüßen. Crossmedia zählt zu den Agenturen, denen man in diesem Kontext einiges zutrauen kann.

Die Agentur
Crossmedia wurde 1997 gegründet undbeschreibt sich selbst als „unabhängige und differenzierende Kommunikationsberatung“. An acht Standorten arbeiten insgesamt rund 600 Mitarbeiter. Zu den Kunden zählen unter anderem Aktion Mensch, Bundeswehr, Gustavo Gusto, Lidl, Suzuki und Tommy Hilfiger. Das Markenpersönlichkeits-Modell Media DNA zählt zu den aufwendigsten Forschungsprojekten in der Geschichte der Agentur. Geschäftsführer Armin Schroeder sagt dazu: „Das Team, das die Media DNA entwickelt hat, besteht im Kern aus drei Personen,die seit über zehn Jahren im Unternehmen sind und zu den absolut besten Mediaplanern gehören, die wir haben. Genauso intensiv war unsere Forschungsabteilung involviert. All das zeigt, wie ernst wir das Thema nehmen und wie viel Herzblut wir in das Projekt gesteckt haben.“

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Der Artikel erschien erstmals in HORIZONT 32-33 vom 11. August 2022.

Weitere Informationen zur Media DNA finden sie auf unserer Landing Page mediadna.crossmedia.de.

Foto: Daniela Pohle & Armin Schroeder | © Jan Ladwig