Das sind die Media-Trends 2021

Was erwartet den deutschen Werbemarkt 2021? HORIZONT hat elf Mediaagentur-Manager um einen Ausblick gebeten - darunter auch CROSSMEDIA-Gründer Markus Biermann:

Wenn es darum geht, wohin die ganzen schönen Werbe-Milliarden fließen, haben sie einen entscheidenden Einfluss: die Chefs der großen Mediaagenturen Deutschlands. HORIZONT Online hat elf von ihnen befragt, wohin die Reise 2021 geht – und welche Themen man als Vermarkter und Marketier auf dem Schirm haben sollte.

Wie ist es um die Stimmung in Media-Deutschland bestellt, was denken Deutschlands Mediaagentur-Chefs über Facebook und Tik Tok, wird es im Media-Mix zu echten Verschiebungen kommen und welche Trends werden den deutschen Werbemarkt 2021 prägen? Elf Manager geben Auskunft, sechs Frauen und fünf Männer:

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HORIZONT Online veröffentlicht die Antworten in zwei Folgen.

Frage 1: Politik, Bürger und eigentlich alle reden über Fake News, Hate Speech und die Polarisierung der Gesellschaft. Haben diese Diskussionen irgendeine Bedeutung für die Mediaagenturen? Und: Glauben Sie, dass sie irgendeine Auswirkung auf das Geschäft von Facebook und Co haben werden? 

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Markus Biermann, Crossmedia: Die Antwort lautet zwei Mal – auf jeden Fall! Aber vielleicht wird es mit Biden auch wieder besser. Werbungstreibende befinden sich in Sachen Fake News und Hate Speech in Social Media in der herausfordernden Situation, auch ethische Aspekte für die Entscheidungen über ihre Werbeinvestitionen berücksichtigen zu müssen. Vielen in der Branche liegt es sicher politisch am Herzen, Druck auf Facebook auszuüben. Ich denke, dass es einige Kunden gibt, die zwar gegen einen „Qualitätsjournalismus“-Soli sind, aber auch verstehen, dass sie die heimischen Medien schützen müssen. Was die Nutzung von Social angeht, bleibe ich bei meiner Sichtweise. Die Marke ist nicht per se tot, man muss sie nur anders begreifen und mit Leben füllen. Und das kann man eben nicht mit „Kauf mich, du Sau“ und anderem Bling, Bling.

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Frage 2: Nach Print jetzt lineares TV? Wird klassisches Fernsehen in den nächsten zwei Jahren deutlich Marktanteile verlieren? Wie viel Wachstumsfantasie steckt in den Digitalangeboten der deutschen TV-Konzerne und Verlage? Und ganz generell: Rechnen Sie 2021 mit deutlichen Verschiebungen im Media-Mix? 

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Markus Biermann: Der Trend geht ganz klar (schon lange) zu messbaren und hinsichtlich der Buchung flexiblen Medien. Dadurch gerät Print noch weiter aufs Abstellgleis. Auch OOH hat es schwer, wenn die Pächter nicht deutlich flexibler werden. Es gewinnen ganz klar digitale Medien und Radio. Aber auch TV ist hier nicht schlecht aufgestellt. Ich glaube zwar an eine Erosion der Marktanteile von TV im Werbegeschäft, aber eher moderater Natur.

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Frage 3: Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: die Mediaagenturen stehen wirtschaftlich gerade massiv unter Druck. Wie schätzen Sie die Lage ein? Werden wir in diesem Jahr viele Sparrunden sehen, rechnen Sie mit einer Konsolidierung im Markt? 

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Markus Biermann: Wir stellen ein. Wir sehen die Zeichen positiv. Der Abgesang auf Media ist für uns nur seichte Begleitmusik. Integration und Transformation sind unsere Themen und da stehen wir, wie viele unserer Kunden, noch vor einem Marathon. Aber es läuft gerade ganz gut. Was die Konsolidierung angeht: Von uns aus könnte es auf Agenturseite eigentlich gerne dazu kommen. Vielleicht verschwindet da noch die eine oder andere Marke von der Bildfläche. Der positive Nebeneffekt für uns könnte sein, dass die Nachfrage und die Preise für Beratung anziehen. Für die Medien sehen wir, dass viele Entwicklungen, die längst überfällig sind, umgesetzt werden. Dass Axel Springer sich zu größeren Teilen unter das Dach der Ad Alliance begibt, ist ein Zeichen. Im nächsten Schritt dürfte es um die Aufgabe der Vermarktungsautarkie gehen. Das schmälert die Kosten und erhöht die Konkurrenzfähigkeit gegenüber den GAFAS. Einen positiven Verlauf der Covid19-Pandemie vorausgesetzt, könnten wir ab dem Spätsommer eine wahre Ralley auf die Budgets erleben.

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Frage 4: Abgesehen von Corona: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Trends im deutschen Werbemarkt?  Und worüber sollte die Branche 2021 dringend mal intensiver diskutieren? 

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Markus Biermann: Ich bleibe bei meinem versöhnlichen Vorsatz für dieses Jahr. Schließlich ist Trump ja auch weg. Der Trend, den ich gerne sehen würde und an den ich auch glaube ist, dass die Vermarkter sich zusammenschließen und die Vermarktung im Großen – siehe Ad Alliance – wieder an sich ziehen. Folge könnte sein, dass sich die Preishoheit wieder von den Agenturen auf die Medien verlagert und sich in Folge dessen der Preissturz in Sachen Media verzögert. Eine weitere Sache, die mich umtreibt, ist die Qualität von Pitches. Ich halte eine neutral beratende Instanz wie Auditoren durchaus für sinnvoll. Was wir aber leider viel zu oft sehen, sind zwei Dinge: Erstens ein völlig falsches Verständnis von der Zeit, die es sowohl auf Seiten der Agenturen, als auch – und das ist fast noch wichtiger – auf Seiten der Kunden braucht, eine fundierte und durchdachte Auswahl zu treffen. Und zweitens ein teilweise desolates Fachwissen, das eine vernünftige Beurteilung einer präsentierten Leistung nahezu unmöglich macht und zu teilweise absurden Situationen führt. Gepaart mit, und das ist jetzt doch noch ein dritter Punkt, einem weder wertschätzenden noch partnerschaftlichen Gebaren im Prozess.

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