WDR

Holger Zech nimmt Stellung zur aktuellen Debatte um die Werbezeiten der WDR-Wellen:

Die Rundfunkwerbezeiten der WDR-Wellen sollen beschnitten werden. Das Ziel: mehr Werbung für die Privaten. Die Sorge: Gelder wandern zu Google und Facebook ab

Sollen WDR-Wellen gar nicht oder nur noch sehr eingeschränkt Werbung ausstrahlen dürfen? Wieder einmal berät der NRW-Landtag in diesen Tagen über diese Frage. Unabhängig davon, wie die Politik entscheidet, wird eines klar: Die größte Konkurrenz für Radiosender befindet sich nicht in, sondern außerhalb der Gattung. Denn die Rechnung der Privatfunker, dass die Werbekunden ihre Spots dann bei ihnen statt beim WDR schalten, wird nach Meinung der Mediaplaner so nicht aufgehen. Crossmedia-Geschäftsführer Holger Zech hat sich intensiv mit dem Thema befasst und weist auf einen wichtigen Aspekt hin: „Aus Mediasicht bringt eine Reduzierung keine Vorteile, im Gegenteil, es wird einen großen Negativeffekt geben.“ Da das Medium Radio dafür steht, dass Reichweiten schnell aufgebaut werden kann und gut aussteuerbar ist, befürchtet Zech, dass Buchungen ins Internet abwandern. „Die Gefahr ist groß, dass soziale Medien wie Facebook, aber auch Google die Profiteure sein können“, so das Resümee des Mediaprofis. Ergo: „Funk verändert sich zu Gunsten von Google und Facebook.“ Andere Fachleute befürchten, dass Werbung primär in den digitalen Out-of-Home-Bereich abwandert. Das Unternehmen Ströer hat in den vergangenen Jahren in diesem Segment seine Dominanz ausgebaut – und das nicht nur in NRW. Hinzu kommt ein generelles Radioproblem: Die interessanten Werbeslots, die vom Kunden erwünscht werden, sind bei den Privatsendern ohnehin sehr gut gebucht. Zum Vergleich: „Wer in der Primetime eines Fernsehsenders buchen will, weicht ja auch nicht auf einen Sonntagmorgen aus. Die Reichweiten sind dort nicht attraktiv“, so der Mediamanager. Was im Fernsehen die Primetime ist, ist im Hörfunk die sogenannte Drivetime. Morgens und nachmittags, wenn die Hörer im Auto unterwegs sind. Stichpunkt: tagesgenaue Aussteuerung. „Der Kunde will seine Werbung zu genauen Uhrzeiten haben, dazu gibt es keine Alternativen“, so Zech. Die politische Intention, die öffentlich-rechtlichen Sender zu bescheiden, damit am Ende die Privatradios profitieren, wird sich nach Ansicht von Holger Zech eher nicht erfüllen.

Dem Argument der Mediaplaner, dass Privatsender von den frei werdenden Werbezeiten nicht profitieren können, widerspricht Jan-Uwe Brinkmann, Radio-NRW-Geschäftsführer und Mitglied im Bereichsvorstand Radio des VPRT. „Wir sprechen von 170 000 Werbesekunden im Jahr; dieses Kontingent können wir grundsätzlich auffangen.“ Außerdem wäre Radio NRW in der Lage, die Werbezeiten auszubauen, „dazu müssten wir dann mit den Veranstaltergemeinschaften eine Lösung finden“. Seit Jahren sieht sich der private Anbieter des Lokalradiomantels gegenüber der öffentlich-rechtlichen Angeboten im Nachteil. Beispiel Tausendkontaktpreis (TKP): „Da gibt es beim TKP, der durch den Lokalfunk am Markt realisierbar ist, und dem der Hörfunkwellen des WDR ein enormes Preisgefälle“, wettert Brinkmann. Der ARD-Sender fahre eine Flottenstrategie in Zielgruppenansprache und Vermarktung mit drei Wellen, dagegen steht Radio NRW mit einem Einzelprogramm.

In dieser Woche wird das Landesparlament voraussichtlich das WDR-Gesetz verabschieden. Darin wird festgeschrieben, wie viel die Wellen der Anstalt künftig werden dürfen. Vorstellbar sind unterschiedliche Szenarien. Eine Reduzierung der aktuell erlaubten Werbezeit von 90 Minuten auf 60 Minuten über die drei Wellen, die Werbung ausstrahlen – 1 Live, WDR 2 und WDR 4 – hinweg. Ebenfalls denkbar ist, dass eine Welle ganz aus der Vermarktung herausgenommen wird. Oder ein komplettes Werbeverbot, wie der Änderungsantrag der FDP es fordert.

Ob es tatsächlich zu einer Beschränkung kommt, darüber wurde in den vergangenen Wochen spekuliert. Am vergangenen Donnerstag wurde im Anschluss für Kultur und Medien über den Entwurf abgestimmt. Der Termin fand leider erst nach dem Redaktionsschluss von W&V statt. Sollte das WDR-Gesetz verabschiedet werden, wird es bereits Anfang März in Kraft treten.

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