TV vs. YouTube – wer siegt im Kinderzimmer?

Das Fernsehen ist das Lagerfeuer der Moderne, auch für die Kleinen. Aber kann TV dieses Standing in Anbetracht der stetig wachsenden Fülle an Online-Angeboten in der besonderen Zielgruppe Kinder verteidigen? Bianca Moeck, Gruppenleiterin und Verantwortliche für den Bereich Kinder- und Familienmarketing bei CROSSMEDIA, analysiert, wer im Kampf um die Gunst der Kurzen die Nase vorn hat:

Bewegte Bilder faszinieren Kinder. Doch der Konvergenzprozess von Fernsehen und Internet verändert auch ihr Mediennutzungsverhalten. Ist TV noch immer King im Kinderzimmer, oder läuft YouTube der Flimmerkiste den Rang ab?

Wenn Kinder ihre Eltern fragen, ob sie eine Serie sehen dürfen, ist ihnen die Quelle dabei ebenso egal wie der Kanal, denn Kinder wachsen ohne Grenzen im Bewegtbild-Markt auf. Gelernt ist, dass jedes digitale Endgerät auch die liebsten Serien- oder Filmhelden auf den Bildschirm zaubern kann, egal ob großer oder kleiner Screen, ob zuhause oder im Urlaub. YouTube ist Platzhirsch unter den Videoplattformen: 43 Prozent der Bevölkerung nutzen das mit Abstand größte Online-Videoportal in Deutschland, bei den 14- bis 19-Jährigen sind es sogar 81 Prozent, wovon knapp 60 Prozent die Website mehrmals pro Woche ansteuern (b4p 2016 III, Grundgesamtheit 69,56 Mio., 30.190 Fälle).

Selbst die Kleinsten kennen das Portal. Das ergab eine Befragung, die wir im Februar 2017 gemeinsam mit unserem Kooperationspartner KB&B über das Fact Panel (Family Acces Tool, ein KB&B-eigenes Marktforschungstool) durchgeführt haben. 2.081 Eltern mit Kindern ab drei Jahren wurden befragt, ob ihre Kinder bereits Videoportale nutzen. Von den 46 Prozent, die solche Plattformen besuchen, surfen 96 Prozent bei dem Giganten aus dem Hause Google. Die Umfrage über das Fact Panel ergab weiterhin, dass Kinder am häufigsten Kinderserien, lustige Videoclips oder Musikvideos schauen, gefolgt von Bloggern, Filmtrailern und Let’s Play-Videos. Die beliebtesten Blogger sind Bibis Beauty Palace, Chaosfloh44 und die Lochis; die Kleinsten schauen vor allem Kinderserien wie Feuerwehrmann Sam, Peppa Wutz und Yakari. 64 Prozent der YouTube-Zugriffe erfolgen über ein Smartphone oder Tablet.

True View und Bumper Ads…

Auf YouTube sind unzählige Kinderserien vorhanden und kostenlos abrufbar. Darüber hinaus veröffentlichen die TV-Sender Super RTL, Disney und Nickelodeon auf ihren eigenen YouTube-Kanälen Teaser und sogar ganze Folgen ihrer Serien, um ihrer Zielgruppe ein umfassendes Angebot unterbreiten zu können. Sie haben die Relevanz des Online-Video-Portals erkannt- so kann der Disney Channel Deutschland zum Beispiel mittlerweile über 400.000 Abonnenten auf YouTube verzeichnen. Die Werbemöglichkeiten auf der Plattform sind zwar überschaubar, dafür aber äußerst wirkungsvoll. Neben den bekannten True Views-Spots (vor oder während dem eigentlichen Bewegtbildinhalt) besteht seit letztem Jahr die Möglichkeit, auch kürzere sechssekündige Bumper Ads einzusetzen. Beide Formate überzeugen durch lukrative Abrechnungsmodelle und regelmäßig gute Kampagnenperformance, wenn auch die Spots dem Online-Sehverhalten angepasst sind. Bei allen Kampagnen sollte jedoch beachtet werden, dass es YouTubes Anliegen ist, die User auf der eigenen Seite zu halten und die Möglichkeiten auf Kundeninhalte zu verlinken, somit begrenzt sind.

… oder Influencer Kampagnen?

Die Zusammenarbeit mit Influencern ist – verglichen mit den klassischen Werbeformen – komplex. YouTuber stehen in der Öffentlichkeit und haben eine Vorbildfunktion für Kinder und Familien; die Fangemeinde legt sehr viel Wert auf ihr Urteil und ihre Meinung. Doch auch wenn YouTuber für viele Celebrity-Status haben, gilt es zu bedenken, dass man hier unter Umständen mit in der Branche weniger erfahrenen Protagonisten arbeitet. Influencer haben im Zweifel (noch) nicht gelernt, eine Geschäftsbeziehung zu führen; sie können Fehler machen und bisweilen unüberlegt handeln. Ein Beispiel hierfür ist der YouTuber Dner, mit bürgerlichem Namen Felix von der Laden und 23 Jahre alt, der mittlerweile über drei Millionen Abonnenten verzeichnet. Er geriet in die Kritik, als er 2013 öffentlich seine Sympathie für die AfD bekundete. Unternehmen muss bewusst sein, wo Risiken in der Zusammenarbeit mit Influencern liegen können. Aufgabe der betreuenden Agentur ist es, Werbetreibende bei der Wahl eines geeigneten Kooperationspartners, der zur Marke, zum Produkt und zur Zielgruppe passt, zu unterstützen und dabei insbesondere auf Qualität und Glaubwürdigkeit zu achten. Nur indem man für Kampagnen Influencer als echte Fans eines beworbenen Produkts gewinnt, lässt sich Authentizität gewährleisten.

Was Unternehmen bei Influence-Kampagnen auf YouTube beachten müssen

Werbung, die sich an Kinder richtet, unterliegt rechtlichen Rahmenbedingungen und Einschränkungen. Die wesentlichen Punkte sind im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMSTV) geregelt. Für die sozialen Medien hat die Landesmedienanstalt die ‚FAQs – Antworten auf Werbefragen in sozialen Medien‘ veröffentlicht, um YouTubern und Werbetreibenden eine Orientierung im Umgang mit Werbung auf diesen Kanälen zu geben. Auch bei Influencer-Kampagnen gilt es, die Unerfahrenheit von Kindern zu schützen – so sind direkte Kaufappele an Kinder und unmittelbare Kaufaufforderungen an Eltern oder Dritte untersagt. Ebenso sind Dauerwerbesendungen für Kinder verboten, weshalb ein Werbevideo mit einem Influencer maximal 89 Sekunden lang sein darf. Produktplatzierungen sind ebenfalls nicht gestattet, die Kennzeichnung des Contents als Anzeige ist obligatorisch.

TV seit Jahren stabil und weiterhin Primärmedium der Kinder

Dass YouTube in den letzten Jahren zunehmend an Relevanz gewonnen hat, liegt auf der Hand. Wie sieht es aber mit dem guten alten Fernsehen aus? Nahezu 100 Prozent der Kinder zwischen vier und 13 Jahren sind über TV erreichbar. 73 Prozent nutzen den Fernseher fast täglich. Kein anderes Medium schafft eine solche Abdeckung und einen so schnellen Reichweitenaufbau (Quelle: KidsVA 2015, Grundgesamtheit 7,11 Mio., 3.085 Fälle). Im Jahr 2016 konnten die drei werberelevanten Kindersender bei den Drei- bis 13-Jährigen einen Marktanteil von 33,7 Prozent verzeichnen; allein Super RTL konnte das Jahr mit 18,2 Prozent Marktanteil abschließen. Kein anderer Werbeträger schafft es, solche Reichweiten zu generieren (Quelle: TV Scope, Fernsehpanel der AGF). Betrachtet man die Ausgaben im Spielzeugmarkt (Submarket des Markets ‚Baby + Kind‘, Quelle: ebiquity), so wird deutlich , dass in die Bewerbung von Spielwaren jährlich circa 200 Millionen Euro investiert werden, wovon 98 Prozent in TV-Werbung fließen und nur ein Bruchteil für Print und Online ausgegeben wird. TV dominiert hier klar, obwohl von den vier operierenden Kindersendern nur drei werblich belegt werden können: Kika als sehr relevanter Kanal mit 15,4 Prozent Marktanteil bei den Drei- bis 13-Jährigen im Jahr 2016 (Quelle: TV Scope, Fernsehpanel der AGF) ist werbefrei.

Wer siegt im Kinderzimmer?

Die Antwort ist eindeutig: Der Fernseher ist und bleibt sicher auch noch für einige Jahre die Nummer eins im Kinderzimmer. Zudem genießt der Fernseher auch bei den Eltern immer noch die höchste Akzeptanz. Digitale Medien werden durch sie reglementiert, auch das schlussendlich genutzte Endgerät gehört in den meisten Fällen den Eltern und wird nur in Abstimmung aus der Hand gegeben.

Den Gastbeitrag von Bianca Moeck finden Sie in der new business – Ausgabe 33, August 2017.

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