„In mehrfacher Hinsicht gefährlich“

Markus Biermann, Geschäftsführer von CROSSMEDIA im Interview:

Die Branche spricht über die Etat-Coups der Group M. Crossmedia-Chef Markus Biermann atttackiert das Netzwerk scharf: Er sieht Gefahr für Planungsqualität und Meinungsfreiheit.

W&V: Was bedeuten die jüngsten Etatgewinne der Group M für den Markt?
Biermann: Die Marktposition von Group M ist in mehrfacher Hinsicht gefährlich. Sie führt zu Gleichmacherei in der Planung. Wenn viele Kunden aufgrund von vermeintlich guten Konditionen bei einer einzigen Agenturgruppe landen, wird kleinen Kunden oft Strategie und Share der Dickschiffe aufgedrückt. Das ist oft gar nicht in ihrem Interesse. Firmen mit Volumen bis zu 30 Mio. Euro können sich diesernicht neutralen Expertise meist gar nicht stellen. Zudem gefährdet diese Machtballung letztlich die Meinungs- und Pressefreiheit.

W&V: Inwiefern?
Biermann: Medien und Vermarkter verspüren mehr Druck und nehmen weniger Geld durch Werbung ein. Ihnen fehlen Mittel, um in journalistische Güte zu investieren. Redaktionelle Qualität ist aber Grundvoraussetzung für Relevanz. Und wir suchen relevante Umfelder für den Transport von Botschaften. Wenn also die Marktmacht derart ausgenutzt wird, wie man befürchten kann, werden relevante Inhalte Mangelware. Wer selbst Relevanz verlangt oder sich über die Qualität im TV beschwert, sollte sich überlegen, ob er das Spiel überreizt.

W&V: Die Situation der Medien können Sie schwerlich nur der Group M anlasten.
Biermann: Natürlich nicht. Es gibt nicht nur eine Quelle des Übels sondern auch viele hausgemachte Gründe. Aber dass der wirtschaftliche Druck auf die Medien steigt, liegt auf der Hand. Und mit der Marktmacht steigt der Grad der Verantwortung. Und diese Verantwortung gilt eben nicht nur für die Group M, sondern im Besonderen auch für die Konzerne, die diese beauftragen.

W&V: Predigen diese Firmen Wasser und trinken Wein? Schließlich hat sich die OWM ja eigentlich gegen Trading ausgesprochen.
Biermann: Ich habe natürlich keinen Einblick. Die Vermutung liegt leider nah. Und wenn sie stimmt, ist das garantiert kein Spitzenwein.

W&V: Befördert die starke Stellung der Group M Trading-Geschäfte?
Biermann: Das ist wahrscheinlich. Aber es wäre falsch, sich nur auf die Group M einzuschießen. In deren Schatten sind viele, die aus Mangel an Marktmacht dazu übergegangen sind, das Instrument stärker zu nutzen als es verträglich wäre. Es gibt Stimmen in OWM und OMG die sagen: Wenn sich Trading auf nur zehn Prozent des Billing-Volumens beschränkt, ist das völlig in Ordnung. Aber das ist es nicht. Entweder ist man Händler oder man ist Berater. Beides zusammen geht nicht.

W&V: Sie kooperieren beim TV-Einkauf mit der Aegis-Gruppe. Kritisieren Sie nicht ein Spiel, bei dem Sie selbst mitspielen?
Biermann: Das tun wir eben nicht. Der große Unterschied ist: wir sind keine Händler. Wir committen uns nicht gegenüber Medien, bestimmte Volumen abzunehmen und damit ins eigene, sprich händlerische, Risiko zu gehen. Der entscheidende Punkt liegt in der Transparenz gegenüber den Kunden. Trading an sich ist ja nicht verwerflich. Verwerflich ist aber, wenn Agenturen als Berater Empfehlungen aussprechen, die weder neutral noch objektiv sein können. Wir bieten Kunden auch Kontingente an, die besonders bepreist sind und/oder von Drittanbietern kommen, spielen das aber transparent. Wir stellen dem Vorteil eines höheren Rabatts klar die möglichen Nachteile gegenüber. Und: Wir profitieren nicht durch Handelsmargen oder Händlertum. So müssen wir auch nicht dafür sorgen, dass durch unsere Beratung Kunden in schiefe Mediapläne investieren, damit wir unsere Handelszusage erfüllen.

Vgl. auch Meldung online > wuv.de