Die Fragmentierung im TV und ihre Folgen

Markus Biermann im Gespräch mit markenartikel, zum Thema Second Screen, Smart-TV, Spartensender-Boom.

Second Screen, Smart-TV, Spartensender-Boom: Darüber sprachen wir mit Christof Baron (Mindshare), Markus Biermann (Crossmedia), Oliver Blecken (MediaCom), Andrea Malgara (Mediaplus), Thorsten Schulz (Initiative) und Jens Uwe Steffens (Pilot).

Markenartikel: Der Medienmarkt wird immer fragmentierter und digitalgetriebener, die Mediennutzung immer individueller. Das gilt insbesondere auch für die TV-Landschaft. Dennoch können sich die Fernsehsender aktuell über steigende Werbeerlöse freuen. Wie erklären Sie sich diesen scheinbaren Wiederspruch – erleben wir womöglich einen letzten Höhepunkt, bevor die TV-Werbeerlöse abstürzen? […]

Markus Biermann: Es ist ein Tanz auf dem Vulkan, der grade vonstatten geht. Leider ist in kaum einem Markt die Leistung, die man für sein Investment bekommt, so schwierig zu fassen wie im Mediageschäft und hier insbesondere im TV. Die Ware wird geliefert, das Geschäft abgewickelt, fertig. Im TV ist aber die Lieferung der Warenmenge auch von der Gunst der Fernsehzuschauer abhängig. Und als ob das nicht schon schwierig genug wäre in den Griff zu bekommen, machen sich die TV-Vermarkter diesen Umstand auch noch einseitig zunutze: Erfolgreiche Programmformate, die Begehrlichkeiten bei den Kunden wecken, werden unterjährig verteuert, ohne dass weniger nachgefragte Werbeflächen angemessen im Preis sinken würden. Damit kommt es zwangsläufig zu einer Teuerungsrate, die Jahr für Jahr zu einer zusätzlichen Inflation des Preis-Leistungsverhältnisses führt. […]

Markenartikel: Etliche etablierte Sender haben in jüngster Vergangenheit Spartenkanäle gestartet, etwa ProSieben Maxx, RTL Nitro und ZDF Neo. Welche Vor- und Nachteile hat das aus Ihrer Sicht für die Werbekunden? […]

Markus Biermann: Das es neue Spartensender gibt, beruht auf drei Faktoren: Erstens nimmt der Kampf um die Ausstrahlungsrechte zu, zweitens braucht es immer mehr Fläche zur Befriedigung von Trading oder Naturals und drittens führt die Digitalisierung und die Fragmentierung dazu, dass technische Machbarkeit auf spezielle Zielgruppensegmente trifft. Für die Werbekunden gibt es damit die Chance, ihre Pläne abzurunden und Leistung günstig einzukaufen. Leider trifft das aber mehr oder weniger nur auf die ganz Großen zu, nicht aber auf die mittleren Budgets, die immer weiter zusehen müssen, wie ihre Effektivität stetig sinkt.

Markentartikel: Die Fernsehkanäle nehmen traditionell eine dominante Rolle im Werbemarkt ein. Ist ihr privilegierter Status gefährdet oder schaffen sie den Sprung in die digitale Welt? […]

Markus Biermann: Eine starke relevante Marke wie das seit Jahren erfolgreiche Format ‚GZSZ‘ bietet auch einen Mehrwert in der digitalen Welt, zum Beispiel durch exklusive Previews. Wer allerdings schon im TV wenig Relevanz hat, bietet auch keinen Anreiz für die digitale Welt.

Markenartikel: Derzeit wird viel über Second Screen diskutiert. Welche Folgen hat die parallele Mediennutzung für die Akzeptanz des Werbemediums TV? Die Aufmerksamkeit für einen Werbefilm – Stichwort Werbewirkung – dürfte schließlich nicht grade steigen, wenn der Zuschauer gleichzeitig auf seinem Smartphone oder Tablet herumtippt …

Markus Biermann: Das ist richtig, so kann  sich wenig Wirkung entfalten. Die Mediaplanung steht somit vor der Herausforderung, diejenigen Screens zu belegen, die in Multi-Screen-Situationen – unter der Berücksichtigung der jeweiligen Nutzungsaktivität und der entsprechenden Zuwendung – die höchste Aufmerksamkeit bzw. Relevanz genießen. So kann durchaus eine vielfältige Wechselwirkung zwischen TV und Second Screen über eine inhaltliche Verbindung hergestellt werden […]

Markenartikel: Durch Neuerungen wie Smart-TV konsumieren Fernsehzuschauer zunehmend vor allem Aufnahmen – Werbeblöcke finden hier kaum Akzeptanz. Wie kann man die Werbe-Aufmerksamkeit solcher Nutzer gewinnen?

Markus Biermann: Wir müssen für die Zielgruppe relevante Werbung ausspielen und die Zuschauer für die Inhalte gewinnen. […]