Derzeit kein staatlicher Eingriff

Martin Albrecht nimmt Stellung zu Gabriels Äußerung über den Medienmarkt:

Wirtschaftsminister Gabriel plant derzeit keinen staatlichen Eingriff in die Abläufe bei Vermarktung von Werbeflächen. Dazu und zur Situation der Agenturen nimmt Martin Albrecht, Crossmedia, Stellung.

Die Marktmacht der großen Mediaagenturen vor allem gegenüber Medien wird in diesen Monaten zum Dauerdiskussionsthema. So wundert es nicht, dass auf den Münchner Medientagen vergangene Woche Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel Stellung zu dem Thema bezog. “Wir haben es mit einem klassischen Oligopol zu tun. Die fünf größten Mediaagenturen erwirtschaften 80 Prozent des Umsatzes“, zitiert ihn der Mittelbayerische Verlag auf einer seiner Websites.

In Anspielung auf Frankreich, wo seit langem ein Gesetz den direkten Verkauf von Werbeflächen durch Agenturen bzw. das Trading verbietet, sagte Gabriel weiter, dass er nicht sicher sei, ob ein “so starker staatlicher Eingriff“ derzeit gerechtfertigt sei. “Jedenfalls haben wir bislang keine harten Belege dafür, dass die Unabhängigkeit von Medien tatsächlich gefährdet ist.“

In Deutschland kein Oligopol wie in Japan

Martin Albrecht, geschäftsführender Gesellschafter bei Crossmedia, sieht in Deutschland noch kein Oligopol: “Wir sind noch nicht so weit wie in Japan, wo es nur zwei große Mediaagenturen gibt, denen Kunden aus der Hand fressen.“ Die Schieflage hierzulande besteht darin, dass der Wettbewerb unter Mediaagenturen vom Preis der Medien bestimmt werde, nicht von der Qualität der Beratung. Pitches würden nie mit Fair-Share, sondern mit überproportionalen Konditionen gewonnen, welche die Agentur im Interesse des Agenturwachstums von den kleineren an die größeren Kunden umverteilten. “Wem die Marktmacht fehlt, erleidet systembedingte und unfaire Wettbewerbsnachteile bei der medialen Präsenz. „Albrecht sieht eine staatliche Regulierung als “dringend notwendig“ an für erstens eine Trennung zwischen Mediaplanung und –einkauf, zweitens eine rigorosere Wettbewerbsüberwachung und drittens einen verpflichtenden Neutralitäts-Nachweis durch unabhängige Wirtschaftsprüfer.

Zur Gefährdung der Medien durch die Marktmacht von Mediaagenturen sagt er: “Medien können im Markt nur bestehen, wenn sie den Rabattforderungen der Agenturen stattgeben. Gerade qualitativ hochwertige Medien verlieren, weil die Incentivierung für die Agenturen naturgemäß gerade bei denjenigen Medien hoch ist, die es nicht von allein auf den Mediaplan schaffen. Ob die Medien direkt auf Werbekunden verzichten oder die Preishoheit an Agenturen abgeben – in beiden Fällen müssen sie Qualitätsabstriche machen, um die Kosten ihrer Redaktion oder ihres Programms den reduzierten Werbeeinnahmen bzw. erhöhten Agenturkonditionen anzupassen. Mittelfristig steht hier der Erhalt der Medienvielfalt und damit der Informationsfreiheit auf dem Spiel steht.“

US-Auftraggeberverband ruft Prüfinstanzen an

Derweil hat in den USA die Accociation of National Advertisers (ANA) zwei Firmen damit beauftragt, die Usanzen im Geschäft des Medieneinkaufs zu untersuchen. Die zwei Dienstleister sind K2 Intelligence und Firm Decisions, wie die ´Financial Times` vergangene Woche berichtete. Firm Decisions gehört überings zum Dienstleister Ebiquity, der auch hierzulande mit Sitz in Hamburg aktiv ist. Betroffen von den Untersuchungen sind die Networks der Holdings WPP, Omnicom, Publicis, IPG, Dentsu Aegis und Havas.